Die Föhrer Trachten

von früher bis heute


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Ungefähr 2.000 der 10.000 Bewohner der Insel Föhr sprechen heute noch das „Ferring“ – die friesische Sprache. Ebenso wie die Sprache heute noch gesprochen und damit gelebt wird, leben viele Föhrer Frauen eine alte Tradition. Immer wieder werden zu besonderen Anlässen die Föhrer Trachten getragen. Diese sind heute noch ein bedeutendes Kulturgut und werden im Volksmund – ebenso wie die Friesische Sprache – „Ferring“ genannt.

Die Geschichte der Tracht

Die ursprüngliche Form der Tracht, wie sie im 18. Jahrhundert getragen wurde, ist heute nur noch auf alten Gemälden zu sehen wie zum Beispiel auf Werken von Oluf Braren, der von 1787-1839 in Toftum auf Föhr lebt.

In der Form, wie die Frauen die Tracht heute tragen, ist sie ca. 100 Jahre alt und wird heute noch zur Einsegnung, zu Hochzeiten und anderen besonderen Anlässen getragen. Ob es jemals eine Männertracht gab, ist heute nicht überliefert. Männertrachten gab und gibt es heute keine. Die Männer kleideten sich mit der zu der Zeit üblichen Mode.

Trachten-Arten

Man unterscheidet heute zwischen der Alltags -, Festtags – und Sonntagstracht. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts wurden auf Föhr noch alle drei Trachten getragen. Inzwischen sind aber nur überwiegend noch die Festtagstracht und die Sonntagstracht auf den Inseln zu sehen.

Die Alltagstracht

Die Alltagstracht besteht aus einem langen Trägerrock (friesisch: „Pei“), der aus dickem Wollstoff besteht und meist blau oder schwarz ist, und den Ärmeln (friesisch: „Sliaven“), die als kleines Jäckchen unter dem Pei getragen werden. Sie bestehen aus einfachem, schwarz gewebten Stoff. Der Pei hat eine Saumlänge von 4,5m. Der dicke Wollstoff wird im Rücken zu Falten gelegt. Die Unterkante des Trägerrockes ist mit einem dunkelblauen Band umsäumt. Auf der Innenseite befindet ein Gegenstück aus schottischem Karostoff.

Zudem besteht die Alltagstracht aus einem Kopftuch und einem meist gewebten, schlichten Tuch, das über die Schultern, vor der Brust gekreuzt und hinten am unteren Rücken zusammengebunden wird. Das Kopftuch ist ein quadratisches Tuch, das geknotet, gerollt und mit schwarzen Glasknopfnadeln um den Kopf gelegt und befestigt wird. Die Haare werden zu Zöpfen geflochten und kreisförmig am Hinterkopf mit Haarnadeln befestigt.

Über dem Trägerrock wurde eine einfach gehaltene Schürze gelegt, diese diente zum Schutz des Trägerrockes bei den alltäglichen Arbeiten. Die Alltagstracht wurde früher von den Frauen auf den Feldern, bei der Stallarbeit oder während der Hausarbeit getragen. Die Männer fuhren meist von Frühjahr bis in den Oktober hinein auf Walfang, so mussten sich die Frauen um die Bewirtschaftung des Hofes kümmern.

Föhrer Tracht
Die Föhrer Tracht
Silberverzierung an Föhrer Tracht
Silberverzierung einer Föhrer Tracht

Die Sonntagstracht

Die Sonntagstracht ist im Wesentlichen der Alltagstracht ähnlich. Sie besteht ebenfalls aus einem Trägerrock, unter dem die Ärmel, die hier aus Seidenstoff bestehen, getragen werden, einem bunt bestickten Tuch, das über die Schultern gelegt, vor der Brust gekreuzt und am Rücken gebunden wird. Auf der Vorderseite wird es in Brusthöhe mit einer Silberfiligranbrosche zusammengehalten. Zusätzlich werden jeweils links und rechts neben dem Tuch zwei Silberfiligranknöpfe, ebenfalls vier kleinere an je einem Ärmel am Handgelenk befestigt.

Zur Sonntagstracht wird ein Kopftuch getragen, das auf dieselbe Weise gebunden und gesteckt wird wie bei der Alltagstracht, hier findet sich jedoch auf der Vorderseite des Kopftuches eine gestickte Blumenborte (friesisch:“Raamen“) wieder und an den Kanten sind Fransen befestigt. Zur Stabilität wird eine Pappe auf der Vorderseite eingearbeitet. Dieses Kopftuch zieren kleine, silberfiligrane Kopftuchnadeln. Zur Sonntagstracht wird eine schwarze Seidenschürze getragen, die am Rücken mit einer großen Broschen zusammengehalten wird (friesisch: „Hacks“). Diese Form wird auch als Kirchgangstracht bezeichnet.

Die Festtagstracht

Nun kommen wir zu der bekanntesten Form. Diese darf erstmals zur Einsegnung von einem Mädchen getragen werden und wird heute noch von vielen Frauen zur eigenen Hochzeit, bei Taufen, auf Silberhochzeiten oder zu anderen festlichen Anlässen getragen.

Zur ihrer Ausstattung gehört der volle Silberfiligranschmuck. Nachdem man die Ärmel und den Pei darüber angelegt hat, wird das aus Seide bestehende Schultertuch mit Glaskopfnadeln am Halsausschnitt des Peies kunstvoll drapiert. Dies bedarf der Hilfe einer zweiten fachkundigen Frau. Das Halstuch wird mit ca. 80-90 Nadeln gesteckt. Das Seitenmaß eines solchen Tuches beträgt 1,60m. Es ist ein dreieckiges Tuch, an dessen Kanten schwarze Fransen befestigt sind. Die Farbe des Halstuches sollte immer zu den Stickereien auf dem Kopftuch passen. Die Farbe weist aber weder auf den Familienstand, noch den Reichtum einer Familie hin – sie wird nach Belieben ausgewählt.

Das Kopftuch wird ebenfalls angelegt wie bei der Sonntagstracht. Bei verheirateten Frauen wird auf den Zöpfen noch eine rote Haube, die mit schwarzen Glasperlen bestickt ist, festgebunden.

Auf Brusthöhe wird nun ein „Latz“ befestigt, auf dem 10-12 große Silberfiligranknöpfe befestigt sind. Darüber wird nun auch die Hakenkette (friesisch: „Haak an Leenk“) mithilfe von zwei Harken am Pei befestigt. In dem Brustschmuck finden sich häufig die Symbole der Seefahrt wieder. In Form eines Herzens, eines Kreuzes und eines Ankers sind sie als Anhänger oder Medaillon in den Schmuck integriert. An dem Kopftuch werden nun noch silberne Kopftuchnadeln befestigt.

Als letztes wird die weiße Schürze umgelegt, diese wird auf der Rückseite geschlossen und mit einem Schürzenband versehen, welches auf der Vorderseite mit einer kleinen Schürzenbrosche geschmückt wird.

Der heutige Wert einer solchen Tracht wird auf 5.000-6.000€ geschätzt. Nur noch selten kann sie im Ganzen käuflich erworben werden. In der Regel wird sie komplett neu genäht oder vererbt.

Das Anziehen einer Festtagsfriesin dauert bis zu zwei Stunden.

Schlusswort

Die Föhrerinnen tragen heute noch mit Stolz ihre über meist Jahrzehnte zusammengesammelten Trachten. Im Jahre 2012 wurde die Föhrer Tracht zur Tracht des Jahres gewählt. Seit dem Jahr 1953 ist die Föhrer Tracht auch regelmäßig auf den Umzügen des Oktoberfestes in München vertreten.

In Utersum, Oldsum, Midlum und Wyk gibt es Trachtengruppen, die sich um den Erhalt der alten friesischen Tänze kümmern. An regelmäßigen Übungsabenden werden die alten Tänze geübt und noch alt überlieferte wieder aufgefrischt. Ebenfalls gibt es zwei Kindertrachengruppen, die sich ein Mal die Woche zum gemeinsamen Üben treffen. Eine große Auswahl an den verschiedenen Formen der Föhrer Trachten kann heute noch im Dr. Carl-Häberlin-Friesenmuseum in Wyk bewundert werden.